Montag, 28. Juni 2010

Der bissige Gruselköter


Gesehen im: One-Dollar-House in Köln, 25.Juni, 0.40 Uhr
Gesehen mit: Freundin, Freunden und nervigen Gören, die zu laut geredet, zu laut gelacht und zu viel Popcorn geworfen haben

Ein Horrorfilm funktioniert, wenn meine Freundin anschließend kreischt, nur weil ich die Tür zu fallen lasse. Und weil meine Freundin mich nach dem Film fast aus dem Zimmer verbannt hätte, weil ich einmal zu oft die Tür bewegt habe, heißt das, dass "Paranormal Activity" ein kleiner bissiger Gruselköter ist. Immer, wenn es in dem Film dunkel wird, wird man unvermittelt in die Wade gebissen. Im Schlafzimmer eines jungen Pärchens, das in einem Spukhaus wohnt, huscht dann gerne mal plötzlich ein Schatten vorbei oder die Tür bewegt sich ein Stück.

Größere Schocker gibt es eigentlich kaum. Und sie funktionieren nur, weil der Film eine Pseudo-Authenzität behauptet. Einen Abspann gibt es nicht, zu Beginn wird den Familien des Pärchens für die Verwendung des Filmmaterials gedankt. Das besteht à la "Blair Witch Project" aus Handkamera-Videobildern, die von den Hauptfiguren selbst angefertigt werden - die beiden Bespukten wollen den Dämon, der sie jede Nacht heimsucht, auf Video festhalten.

In den Spukszenen, in denen die Kamera auf einem Stativ steht und das schlafende Pärchen zeigt, werden die pseudodokumentarischen Bilder raffiniert eingesetzt. Sie sollen das Gefühl geben, glaubwürdiger als offensichtliche Filmbilder zu sein. Doch der Film zwingt den Zuschauer immer wieder, die Authenzität zu hinterfragen. Ist der aufflackernde Schatten wirklich da gewesen, oder war er nur ein Bildfehler? Wird der Film gerade vorgespult, oder bewegt sich da hinten etwas sehr hektisch? Wirklich sicher ist man sich nicht, weshalb Grusel entsteht, ohne dass wirklich etwas Gruseliges zu sehen ist. Noch nie war man beim Betrachten eines leeren Raums so angespannt wie hier.

Diese Technik, eine gruselige Atmosphäre zu erzeugen, ist wohl die älteste, die der Horrorfilm zu bieten hat. Meisterhaft wurde sie in dem Film "Bis das Blut gefriert" schon 1963 auf die Spitze getrieben. Heute kann sie nur noch funktionieren, wenn die Filmemacher behaupten, dass alles, was der Zuschauer gerade sieht, echt ist. Doch das fällt "Paranormal Activity" recht schwer. Eben weil die Figuren gezwungen sind, alles auf Film festzuhalten, handeln sie oft sehr unplausibel und sind als behauptete Opfer einer realen Geistererscheinung nicht glaubwürdig. Gleichzeitig agiert der Dämon so stark nach einer filmischen Dramaturgie, dass es nicht einfach ist, von seiner realen Existenz überzeugt zu sein. Ich könnte vielleicht an Dämonen glauben. Doch wenn es sie wirklich gibt, glaube ich nicht, dass sie so handeln, wie wir uns das immer in Hollywood-Filmen vorgestellt haben. (Wetten, dass Aliens keine großen Augen und keine grüne Haut haben, wenn sie mal bei uns landen sollten?)

So verschenkt der Film seine Möglichkeiten, tiefere Ängste zu schüren und gibt sich stattdessen mit ein bisschen Erschrecken zufrieden. Das macht er allerdings gut, denn so leicht erschreckt sich ein Kinozuschauer heute nicht mehr, wenn kein ohrenbetäubender Geigentusch erklingt. Und auf den muss eine Pseudokumentation natürlich zwangsläufig verzichten.

Zeitungskrise ganz anschaulich

Der Printbranche geht es so schlecht, dass in manchen Verlagshäusern bereits auf sanitäre Anlagen verzichtet werden muss, um Platz und Wasser zu sparen. Hier Beweisfotos aus einer ehemaligen Redaktions-Herrentoilette in Köln.








Freitag, 25. Juni 2010

Perlen in und aus der Provinz

Zweieinhalb Monate lang arbeite ich in Bergheim für die Rhein-Erft Rundschau. Nach vier Jahren als Schreiber in der großen Stadt (die zugegebenermaßen auch irgendwie provinziell ist) fühle ich mich hier wie in der Serie "Mord mit Aussicht". Nur dass der "Mord" im Titel vielleicht durch "Story" ersetzt werden müsste.

Meistens passieren hier die Storys nicht, sondern sie werden erzählt. Wie zum Beispiel die vom Kalten Krieg und welche Auswirkungen er hat.

Ein Bürgermeister löst einen Verein auf, der Seniorenfahrten organisiert hat. Der Vorstand ist zu alt, neue Mitglieder kommen nicht nach.

Rathaus, die Vereinsmitglieder (70-80 Jahre alt) haben Tränen in den Augen. Der Bürgermeister hat das Wort. Nach jedem Satz des Bürgermeisters nicken die Vereinsmitglieder zustimmend.
Bügermeister: "Es ist doch so. Die jungen Leute engagieren sich einfach nicht mehr. Es ist out, sozial engagiert zu sein. Aber man kann den jungen Leuten keinen Vorwurf machen. Sie lernen ja, nur an sich selbst zu denken." Dramatische Pause. "Es ist doch so. Wir lebten im Wohlstand. Dann verschwand der Eiserne Vorhang, und die Ostländer wollten von unserem Wohlstand abhaben. Die Folge ist, dass jeder immer mehr nur an sich denkt, um den eigenen Wohlstand zu schützen."
Journalist (also ich): "Wollen Sie damit sagen, dass sich der Verein aufgelöst hat, weil der Kalte Krieg beendet ist?"
Bürgermeister: "Ähem... So will ich nicht zitiert werden."

Donnerstag, 24. Juni 2010

Prolog

Wie startet man einen Blog?

Ich habe lange überlegt, was der erste Post sein könnte und kein Thema für spektakulär genug empfunden, um damit zu eröffnen.

Darum gehe ich jetzt den umgekehrten Weg und starte so unspektakulär wie möglich.

Und zwar mit zwei Fotos aus dem Naherholungsgebiet in Bergheim. Selbst am vermeintlich unberührtesten Flecken Natur unweit von Köln wurde der Einzug der Deutschen Elf ins Achtelfinale gefeiert. Und zwar so heftig, dass die Vuvuzela nicht überlebt hat.

Oder hatte da einfach nur ein Bauer die Nase voll? Sollten sich hinter den Bildern zwei Leichen mit schwarz-rot-goldener Schminke verbergen, dann ist dieser Post doch spektakulärer als zunächst gedacht...