Sonntag, 24. Oktober 2010

Nerds.

Filme über picklige Kids, die sich für Comics und Computer interessieren und bei Mädchen nicht landen, scheinen salonfähig zu werden. Zur Zeit läuft mit "The Social Network" ein Nerdfilm für Nichtnerds und mit "Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt" ein Nerdfilm für Nerds im Kino.


The Social Network
Gesehen im: Cinedom, Köln, 9. Oktober, 20 Uhr
Gesehen mit: Einer – zum Film passend – über Facebook gefundenen Begleitung.


Ein junger Programmierer erfindet fast zufällig ein Computerprogramm, mit dem man sich unterinenander vernetzen kann. Sein Kumpel gibt ihm Geld, um das Programm zu vermarkten. Das will er mit Hilfe von Werbung tun. Der junge Programmierer hält sich lieber an den Rat eines hippen Internet-Unternehmers und lässt sein frisch programmiertes Netzwerk erst wachsen, bevor er es mit Werbung füllt. Und dann sind da noch zwei Schnösel, die behaupten, die eigentlichen Erfinder des Programms zu sein, sonst aber nicht viel machen.

Auf der Handlungsebene hat David Finchers Facebook-Entstehungs-Mythologisierung kaum mehr zu bieten. Umso erstaunlicher ist es, dass die Filmemacher es geschafft haben, rund um diese eigentlich sehr langweilige Geschichte ein amüsantes Porträt der Internet-Jungunternehmer der letzten Jahre zu entwerfen. Spaß macht der Film auf jeden Fall.

Doch ich hatte das Gefühl, dass der Film es nicht wirklich schafft, seine Hauptfigur zu verstehen. Beziehungsweise nicht weiß, was er von ihr halten soll.  Facebook-Gründer Mark Zuckerberg ist nicht nett, aber auch nicht unnett, er ist nicht cool aber auch nicht wirklich uncool, er hat einerseits Angst vor Berührung, ist aber schnellem drckigen Toilettensex nicht abgeneigt. Er geht nicht auf Partys, lässt aber auch mal die Sau raus. Mit Mädchen kann er nichts anfangen, doch er datet eine Campus-Schönheit.



Ich hatte nach dem Film keine Ahnung, was mir über Zuckerberg erzählt werden sollte. In einigen Gesprächen und Kritiken habe ich das Argument gehört, dass genau das die Stärke des Films ist. Zuckerberg sei ein Autist, der nicht zu fassen sei, weil er eben nicht sozialfähig sei. Das mag für viele Leute funktionieren, für mich tut es das nicht. In "Social Network" wird im Prinzip erzählt, dass man Zuckerberg so oder so sehen kann, dass man Facebook ablehnen oder Fan von dem Netzwerk sein kann. Aber das weiß man doch auch ohne den Film, oder?

So ist "Social Network" nur ein amüsanter Streifen, der sehr harmlos an einem Internet-Gründermythos mitstrickt. Vielleicht ist mehr auch gar nicht machbar, weil hinter dem Mythos eben doch viel unspektakulärere Ereignisse stehen, als man glauben könnte.


Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt
Gesehen im: Cinedom, Köln, 21. Oktober, 20 Uhr
Gesehen mit: Dem tapferen Mitplotter zur Belohnung nach tapferem Plotten


Offensichtlich sympathisieren die Filmemacher der Filadaption des Comics "Scott Pilgrim" so sehr mit Nerds, dass sie nicht einmal die Pickel der Hauptdarsteller verbergen wollten, um so Identifikationsfläche für die Zielgruppe zu schaffen. Der Film wurde offensichtlich digital in Hochauflösung gedreht, die Maskenbildner haben allerdings alle Gesichter klassisch geschminkt, so dass in der hohen Auflösung jede Hautunreinheit und jede Abdeckstift-Spur zu sehen ist.

Es geht um einen schüchternen – auch irgendwie unsymapthischen – Jungen, der die sieben Ex-Freunde (ähem, -Lover – das ist im Film noch wichtig) seiner Traumfrau besiegen muss, um sie zu erobern. Ich finde die Idee großartig: Eine romantische Coming-of-Age-Komödie erzählt in einer Videospieldramaturgie. Das ist ganz nah an der Lebenswelt allers Nerds dran, die nach 1977 geboren wurden.



Doch neben der Videospiel-Dramaturgie hat der Film nicht viel zu bieten. Oberflächlich erzählte Figuren (die im Comic deutlich weniger oberflächlich erscheinen, was wieder beweist, dass sich Comics nicht unbedingt 1:1 auf Leinwände werfen lassen) prügeln sich knapp zwei Stunden lang. Die Liebesgeschichte ist unglaubwürdig und geht nicht zu Herzen, der Film hat nicht den geringsten Tiefgang. Und das, obwohl er vom gleichen Regisseur ist wie "Shaun of the Dead" ist, dem nerdtauglichen Liebesfilm, in dem Zombies in eine Romantic-Comedy einfallen.

Wirklich überzeugt haben mich die Kinonerds also nicht. Ich wünschte, Kevin Smith würde zur alten Stärke zurückfinden und wieder großartige Nerd-Huldigungen wie diese hier produzieren:



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