The Tree of Life
Gesehen vor etwa zwei Wochen im Metropolis-Kino Köln, mit einem Freund, der große Bilder gerne mag und daher sehr zufrieden aus dem Kino kam.
Ich musste lange überlegen, was ich zu "The Tree of Life" schreiben will. Denn das neue Werk von Terrence Malick ist einer dieser Filme, über die man sich eigentlich kein Urteil erlauben darf, wenn man sie nur einmal gesehen hat. Das trifft zum Beispiel auch auf fast jeden Kubrick-Film zu, weswegen die – man glaubt es kaum – oft schrecklich schlechte Kritiken bekommen haben, aber später – das weiß man ja – zu Klassikern wurden.
"The Tree of Life" scheint von allem zu handeln. Das Universum wird in aufregenden (ich meine AUF-RE-GEN-DEN) Collagen gezeigt, Vulkane brechen aus, Menschen treffen sich im Himmel oder beginnen zu fliegen, sogar Dinosaurier kommen vor (und zwar der gemeinste Saurier seit dem Velociraptor aus "Jurassic Park" und der bemitleidenswerteste Saurier seit dem Triceratops aus "Jurassic Park"). Wer würde das schon bei diesem Kinoplakat erwarten?
Das Plakat zeigt Brad Pitt, der einen strengen Vater in den 50er Jahren spielt. Einer seiner Söhne fühlt sich zwischen dem Lebensmodell des Vaters und dem seiner gütigen Mutter hin und her gerissen. In der Gegenwart ist der Junge zu Sean Penn geworden und reflektiert seine Kindheit und den frühen Tod seines Bruders.
Es ist die Kerngeschichte des Films, die immer wieder von den spektakulären (ich meine SPEK-TA-KU-LÄREN) Collagen unterbrochen wird. Der Zuschauer wird gezwungen, das Leben der amerikanischen Familie in Bezug zum gesamten Universum zu setzen (wobei man teilweise den Film auch so lesen kann, dass das Universum ein Teil von Sean Penns Gedanken ist).
Der Film schwelgt in Makro- und Mikrokosmen und scheut sich nicht, an die Grenzen den Kitsches zu gehen (okay, zweimal wird die Grenze deutlich überschritten, was ein bisschen weh tut). Beim Zusehen ist man wohl entweder überwältigt (so wie ich) oder verwirrt (so wie die drei Mädels, die hinter mir saßen und irgendwann kopfschüttelnd und kichernd das Kino verließen).
"The Tree of Life" erschließt sich nicht direkt. Während man den Film sieht, scheint er nicht sofort einen Sinn zu ergeben. Doch ich hatte immer das Gefühl, das der Film von einem höheren Sinn erzählt, der sich einem eben nicht sofort erschließen kann (falls er sich überhaupt entschließen kann). So gesehen ist "The Tree of Life" ein Film über Gott (Ich gebe zu, dass das angesichts des Titels eigentlich keine allzu große Erkenntnis ist, aber es ist die einzige, die ich sicher aus dem Film mitnehme).
Aus Filmemacher-Sicht kann ich nur darüber staunen, wie es Malick schafft, all die großen Bilder und Perspektiven zusammen zu halten. Denn "The Tree of Life" ist trotz seiner überbordenden Erzählweise ein dichter Film – er zerfasert nicht und ist sehr klug komponiert.
Wie viel der Film über Gott, das Leben, das Universum und den Sinn hinter all dem erzählt, und ob es sich um einen guten Film handelt, weiß ich noch nicht so recht. Wie gesagt, ich glaube, man muss "The Tree of Life" öfter als einmal sehen, um ihn wirklich beurteilen zu können. Ich vermute aber, dass der Film dem Zuschauer das mit auf den Weg gibt, was jeder individuell für sich bereit ist, mitzunehmen. Und das ist bei Gott ja irgendwie genauso.
Ich komme just in diesem Moment aus dem Kino, weil ich "The Tree Of Life" zum zweiten Mal gesehen habe und muss sagen: Ja, das zweite Mal lohnt sich.
AntwortenLöschenDas hängt allerdings hauptsächlich mit den UN-GLAUB-LICH-EN Bildern zusammen. Die Sicht auf die Story, wenn man diesen Begriff benutzen möchte, änderte sich nicht wesentlich. Dass der Film von Gott handeln soll, würde ich eher bezweifeln. Vielmehr geht es doch um eine Person, die über die Kreation ihrer selbst reflektiert - mit allem (!), was dazu gehört. Und Gott gehört natürlich auch dazu, zumal Malick diese Person im Spannungsfeld einer amerikanischen Familie der frühen 60er Jahre entstehen lässt, in der Mutter und Vater sehr unterschiedliche Lebensauffassungen haben und diese auch vermitteln.
Dass viele Kommentare "The Tree Of Life" eine übertrieben christliche Färbung unterstellen, muss man wohl der Zeichnung der Mutter zuschreiben, da ihr Beitrag zur Persönlichkeitsbildung leicht als "pädagogisch wertvoll aber naiv-christlich" und von vielen Zusachauern vielleicht als Kernaussage des Films verstanden werden kann. Ich glaube aber, dass man die Mutter nur als einen Teil in der Komplexität des Films als Gesamtwerk betrachten darf.
(Meine Begleitung sah den Film zu ersten mal und teilt meine hohe Meinung ganz und gar NICHT. Ich konnte eine Flucht nach zwanzig Minuten nur knapp verhindern.)
Ich deutete ja kurz an, dass der Film auch als Sena Penns Gedankenstrom gelesen werden kann. Trotzdem empfand ich die christliche Symbolik als omnipräsent und ich konnte eigentlich nicht anders, als sie während des Films immer in Bezug zur Evolution und all dem anderen kosmischen Kram zu setzen, die einem so geboten wird. Wie gesagt, ich denke, dass der Film genug Material bietet, um sehr individuelle Interpretationen daraus mitzunehmen. Ich bezweifle, dass der Film selbst eine so eindeutige Haltung hat, dass nur eine Lesart möglich ist.
AntwortenLöschenVöllig klar. Und ziemlich gut.
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