Das Büdchen von Ali Yildrim heißt nüchtern "Stehcafé Kiosk". Doch es befindet sich am Eigelstein, der mit "Musik, der dicken Rita und dem Fridolin" als karnevalistisches Zentrum der Stadt gilt. Ali ist in Köln geboren und aufgewachsen. Er ist ausgebildeter Karosseriebauer, hat aber keinen Job gefunden. "Ich hatte mindestens 100 Bewerbungen geschrieben und nie Glück gehabt. Dann ergab ich irgendwann die Gelegenheit, den Laden von einem Bekannten zu übernehmen."
Ein Stammkunde kommt jeden Nachmittag vorbei, um sein Feierabendbier zu trinken. Der 24-jährige Christian ist Koch in einer nah gelegenen Kölschkneipe. Zwei Bier, dann fährt er zu seiner Frau, um sie zu bekochen. "Ich kann dir sagen, warum deine Bewerbungen keinen Erfolg hatten, Ali", erklärt er dem Büdchenbetreiber seines Vertrauens. "Weil du Türke bist. Wenn die die Wahl haben zwischen einem Deutschen und einem Ausländer, dann nehmen die immer den Deutschen", ärgert sich der junge Koch. Und "die" sind natürlich "die da oben". Und "die da oben" sind nicht nur in Kneipen- sondern auch in Büdchen-Tratsch-Gesprächen immer die Bösen.
Ali sieht sich nicht als Ausländer. "Ich bin ne Kölsche Jung", erklärt er. Und er genießt seinen Status im Viertel. Ein Kunde betont, dass der Büdchenbetreiber einer der nettesten Menschen am Eigelstein sei. "Vielleicht manchmal zu nett", meint er. Die Kriminalität werde immer extremer im Viertel. Der nah gelegene Ebertplatz ist ein bekannter Treffpunkt von Drogendealern und Junkies. In den letzten 10 Jahren wurde vier Mal in Alis Büdchen eingebrochen, dreimal wurde er überfallen. Mehr zu schaffen macht Ali aber das Rauchverbot. "Seit das gilt, habe ich spürbaren Umsatzrückgang", erklärt er. "Morgens kommen viele Arbeiter, um einen Kaffee zu trinken und eine Zigarette zu rauchen." Seit sich Bauarbeiterfrühstück auf den Kaffee beschränkt, verkauft Ali täglich nur noch zwei statt fünf Kanister davon.
"Und das Glasverbot an Karneval! Ich darf Bier dann nur noch in Dosen anbieten. Aber die werden deutlich weniger verkauft." Im Moment könne er sich aber noch über Wasser halten. Nur ob er das Büdchen für immer halten könne, wisse er nicht. "Die Mietpreise am Eigelstein sind nicht billig." Zwei Kioske seien in letzter Zeit im Viertel geschlossen worden. "Das liegt aber auch daran, dass viele Büdchen nicht mehr so gemütlich sind", meint Christian. Da ist er froh, eines, das sich noch echt kölsch anfühlt, direkt am Arbeitsplatz zu haben.
Teile des Textes sind in der Aachener Zeitung erschienen.
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