Freitag, 25. Juni 2010

Perlen in und aus der Provinz

Zweieinhalb Monate lang arbeite ich in Bergheim für die Rhein-Erft Rundschau. Nach vier Jahren als Schreiber in der großen Stadt (die zugegebenermaßen auch irgendwie provinziell ist) fühle ich mich hier wie in der Serie "Mord mit Aussicht". Nur dass der "Mord" im Titel vielleicht durch "Story" ersetzt werden müsste.

Meistens passieren hier die Storys nicht, sondern sie werden erzählt. Wie zum Beispiel die vom Kalten Krieg und welche Auswirkungen er hat.

Ein Bürgermeister löst einen Verein auf, der Seniorenfahrten organisiert hat. Der Vorstand ist zu alt, neue Mitglieder kommen nicht nach.

Rathaus, die Vereinsmitglieder (70-80 Jahre alt) haben Tränen in den Augen. Der Bürgermeister hat das Wort. Nach jedem Satz des Bürgermeisters nicken die Vereinsmitglieder zustimmend.
Bügermeister: "Es ist doch so. Die jungen Leute engagieren sich einfach nicht mehr. Es ist out, sozial engagiert zu sein. Aber man kann den jungen Leuten keinen Vorwurf machen. Sie lernen ja, nur an sich selbst zu denken." Dramatische Pause. "Es ist doch so. Wir lebten im Wohlstand. Dann verschwand der Eiserne Vorhang, und die Ostländer wollten von unserem Wohlstand abhaben. Die Folge ist, dass jeder immer mehr nur an sich denkt, um den eigenen Wohlstand zu schützen."
Journalist (also ich): "Wollen Sie damit sagen, dass sich der Verein aufgelöst hat, weil der Kalte Krieg beendet ist?"
Bürgermeister: "Ähem... So will ich nicht zitiert werden."

2 Kommentare:

  1. mmhh, muss ich mir jetzt ein Städtischer-Journalist-soll-im-provinziellen-Umfeld-auffallen-Kostüm ausdenken?
    Läuft übrigens grade wieder, zb morgen

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  2. oh ja! so ein kostüm hätte ich gerne! :)
    wo läuft was? will endlich was von dir sehen - sorry nochmal, dass ich gestern nicht konnte. ich saß bei einer pressekonferenz auf einer zu heißen dachterasse eines zu hohen kölner hotels. mehr dazu bald in diesem blog.

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