Mittwoch, 8. August 2012

Batman-Tage auf 0,2: Batman Begins & The Dark Knight




Viele Leute sagen, dass ihnen an Christopher Nolans Batman-Filmen besonders gefällt, dass sie so realistisch seien. Dass sie durch ihren Look, durch ihre psychologisch tiefgründigen Charaktere und die genau erklärten Gadgets des Superhelden das Gefühl vermitteln, Gotham sei real und keine Comicwelt.

Es mag sein, dass die Filme diesen Eindruck geschickt erwecken und so die Batman-Geschichte in eine glaubwürdige Welt verlegen, die unsere Realität zu sein scheint. Doch ich glaube, der Erfolg der Filme ist darin begründet, dass Nolans Filme auf der Story-Ebene von der Realität absolut entkoppelt sind. "Batman Begins", "The Dark Knight" und "The Dark Knight Rises" sind durch und durch mythologische Storys, die fast ausschließlich auf einer Symbolebene funktionieren. (Immerhin ist Batman selbst weniger ein Mensch als ein Symbol.)

Nolans Batman-Geschichten sind so groß aufgeladen, dass sie einer wagnerischen Oper ähnlicher sind als einem popkulturellen Filmereignis. In "Batman Begins" besucht der junge Bruce Wayne mit seinen Eltern eine schaurige Operninszenierung, bevor die Eltern getötet werden. In den Comics wird klar erzählt, dass der Junge mit den Eltern im Kino einen "Zorro"-Film anschaut.


Kurz vor dem Initial-Moment, der in Bruce Wayne Batman erschafft, wird die Richtung vorgegeben, in die sich Batman entwickeln wird. In den Comics (zumindest in den frühen Comics) ist er der maskierte Rächer, der Gutes im Sinn hat. Sein Vorbild Zorro ist eine (damals) moderne Gestalt der Pop-Kultur. In den Nolan-Filmen wird er zu einem opernhaft überhöhten Symbol – furchterregend statt freundlich und eine Nachtgestalt, die nicht von dieser Welt zu sein scheint.



Batman lernt von R'as al Ghul, wie er dieses Symbol wird, wie er sich über die Menschen erheben und sie vernichten kann. Auch R'as Motiv ist absolut mythologisch und ist nicht wirklich politisch oder kriminell motiviert. Er will Gotham City zerstören, um so das Symbol der Korruption und des Bösen auf der Welt zu vernichten. R'as al Ghul ist kein Verbrecher aus dieser Welt und auch nicht die überhöhte Version eines Terroristen. Er ist wie ein zorniger griechischer Held, der sich vornimmt, den Hades zu vernichten – wobei das natürlich ein aussichtsloses Unterfangen ist.
Bruce Wayne hat die gleichen Techniken wie sein Gegner – und auch die gleichen Motive wie er. Er will die Korruption und das Verbrechen zerstören. Aber nicht durch radikale Zerstörung sondern durch Angst. Er will als Batman Böser als das Böse wirken, um es zu vertreiben.

R'as al Ghul und Batman sind also beinahe gleich. Antagonist und Protagonist sind die Licht- und die Schatten-Seite der selben Medaille, was ebenfalls wieder ein mythologisches und überhöhtes Motiv ist.
"Batman Begins" ist allerdings nur der erste Akt der Geschichte, der mit "Das Böse erschafft seinen eigenen Feind" überschrieben werden könnte.


"The Dark Knight" treibt das Konzept im zweiten Akt der Geschichte (oder sollte ich besser von "Saga" sprechen) konsequent weiter. Hier inspiriert Batman mit seinen Taten den Joker. Ein Teufelskreis also. Das Böse erschafft Batman und der wiederum das Böse. Der Joker geht deutlich weiter als R'as al Ghul. Mit seinen chaotischen und tödlichen Spielchen in der Stadt führt er Batman vor Augen, dass er mit seinen Methoden nicht "gut" handeln kann. Er ist in seinem Vorgehen und seinen Motiven den Bösen Kräften, die er bekämpfen will, zu ähnlich. Der Joker konfrontiert Batman in "The Dark Knight" laufend mit der Angst, so zu werden, wie diejenigen die ihn erschaffen haben (R'as al Ghul und der Mörder von Bruce Waynes Eltern). Dabei handelt der Joker niemals "realistisch" (also wie ein Verbrecher aus unserer Welt) sondern immer wie eine übermenschliche Harlekin-Figur. Er hat nicht einmal eine Biografie, ist eindeutig ein "künstliches Geschöpf". Er tut die Dinge nur, um Exempel zu statuieren und seine Weltsicht zu beweisen.


Am Ende von "The Dark Knight" muss Batman tatsächlich ein Stück weit seine Ideale verraten, um den Joker zu besiegen (er lässt alle Menschen Gothams über ihre Handys überwachen). Das Bittere: Zwar bringt er den Joker in den Knast, doch indem Joker im Laufe der Filmhandlung Gothams Hoffnungsträger Harvey Dent gebrochen hat, muss Batman – sehr mythologisch – den Märtyrer spielen und die Sünden von Dent auf sich nehmen, damit die Hoffnung in Gotham nicht stirbt. Hier wird Batman zu einer Christus-ähnlichen Figur stilisiert – und mythologischer kann (zumindest in unserer Kultur) keine Kinofigur erzählt werden. Gleichzeitig erfüllt sich auch die Prophezeiung des Jokers: Durch sein Opfer wird Batman in den Augen das, was er immer äußerlich und in sich bekämpft hat: Ein Verbrecher.

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